Lifestyle
29. Dezember 2017

„Bin ich hier der Clown oder der Kellner?“

Elisa Kuenz ist 18 und schließt in diesem Jahr ihre Ausbildung ab. Alex Panin ist 47, Chef de Rang, und seit über 25 Jahren in diesem Job tätig. Für die SUITE unterhalten sich die zwei Lindenhof-Mitarbeiter über den Beruf der Servicefachkraft.

Alex: Ich weiß noch, wie ich hier angefangen habe. Ich war nervös, schüchtern, musste mich konzentrieren – und Stammgäste haben moniert, der Alex lacht ja gar nicht. Irgendwann ist mir der Kragen geplatzt, und ich habe zum Chef gesagt: Bin ich hier der Clown oder der Kellner?

Elisa: Und heute glaubst Du, man muss in diesem Beruf beides sein?

Alex: Man muss beides können. Und man muss einen Mittelweg finden, immer bereit sein, auf die Gäste einzugehen, aber trotzdem die eigentliche Arbeit nicht zu vernachlässigen. Das ist nicht einfach, weil du drei Dinge gleichzeitig im Kopf haben musst. Du nimmst an einem Tisch die Bestellung auf, schenkst daneben den Wein nach und wirst nach irgendwelchen Wanderwegen gefragt – und der Kollege kommt und will wissen, an welchen Tisch die warme Suppe kommt.

Elisa: Damit ist man am Anfang ziemlich überfordert. Wenn dir dann noch ein Fehler passiert, würdest du am liebsten flüchten. Denn dann kommt auch noch die negative Reaktion des Gastes. Das tut ganz schön weh. Ich glaube, dann machst du in diesem Job nur weiter, wenn du einen wirklich starken Charakter hast.

Alex: Wichtig ist, dass du morgens oder abends im Service alles andere ausblendest. Private Probleme musst du zu Hause lassen. Du darfst in diesen Stunden bis 22.30 Uhr nur an deine Aufgabe denken, du musst dich auf dein Geschäft konzentrieren. Das ist sicher schwieriger als in anderen Berufen, weil du quasi trotz deiner Sorgen auf der Bühne stehst, arbeitest und lächeln musst.

Elisa: Ich habe mal gelesen, für diesen Beruf müsste man geboren sein. Also, das bin ich bestimmt nicht. Ich wollte nur nach meinem verletzungsbedingten Karriereende im Biathlon mit 16 arbeiten. Inzwischen macht es mir Spaß, weil man halt viel mit Menschen zu tun hat – und ich glücklich bin, wenn die in ihrem Urlaub zufrieden sind.

Alex: Ich bin bestimmt nicht für diesen Beruf geboren. Bei mir war es reiner Zufall. Die Eltern meiner damaligen Freundin hatten ein Hotel – und weil es bei ihnen zufällig einen Engpass gab als ich vom Militär zurückkam, habe ich halt ein bisschen ausgeholfen. Obwohl ich Informatik auf der Gewerbe-Oberschule gelernt habe, kellnere ich jetzt seit über 25 Jahren. Und Du darfst mir glauben: ich bin zwar viel lockerer geworden, aber es ist immer noch Stress für mich – weil ich mich jede Minute konzentrieren muss, um es allen Gästen recht zu machen.

Elisa: Du hast aber inzwischen viel Menschenkenntnis und weißt, wie man auf welche Gäste zugeht. Das macht es auch einfacher mit der Zeit.

Alex: Ja, ein bisschen Psychologe muss man in unserem Beruf schon sein. Und ganz wichtig: du musst halt genau beobachten und dir Dinge merken. Wenn du merkst, dass ein Gast seinen Wein selbst nachschenken will, darfst du ihn nicht immer nerven. Oder wenn jemand grundsätzlich Pause zwischen dem zweiten und dritten Gang will, solltest du dir das auch einprägen.

Elisa: Das heißt also: ich muss mir alles merken, ich muss schnell sein, ich muss lächeln, ich muss wissen, wann ich mit wem reden kann und wann mit wem nicht, ich muss sehen, wann jemand ein leeres Glas vor sich oder zu Ende gegessen hat, ich muss 25 Kilometer am Tag durch den Speisesaal laufen und…. Wie lange hält man den Job eigentlich durch?

Alex: Eine berechtigte Frage, die ich mir auch oft stelle. Hast Du schon mal einen alten Kellner in so einem Hotel gesehen? Ich nicht. Und du weißt auch, dass es Tage gibt, wo dir alles weh tut. Am Anfang war ich abends völlig kaputt, weil du Sehnen und Muskeln beanspruchst, von denen du vorher nicht mal gewusst hast, dass es die gibt.

Elisa: Aber mit 47 bist Du ja noch kein alter Kellner.

Alex: Aber je älter ich werde, umso schwieriger wird es, einen Arbeitsplatz in einem anderen Bereich zu finden. Das sind schon Überlegungen, die man sich machen muss. Kellner ist kein Beruf bis zur Rente.

Elisa: Das überlege ich mir vielleicht nach meiner Prüfung. Alles andere, was Du gesagt hast, überlege ich mir vorher.

Das Lindenhof-Restaurant

Helmut Stieger leitet das Lindenhof-Restaurant mit zwei Chefs de Rang: Alex Panin und Jan Karel. Helmut und Alex sind auch gelernte Sommeliers. In den zwei Speisesälen und der „Stuben” bedienen außer den drei Kellnern noch acht Servicefachkräfte. In den Sommermonaten helfen auch Praktikanten aus. Im Lindenhof-Restaurant gibt es Frühstück von sieben Uhr bis elf Uhr, Mittagsbuffet von 13 bis 17 Uhr und Abendmenü von 19 bis 21 Uhr. Es ist eines der wenigen Urlauber-Restaurants, in denen der Hotelgast sein Menü abends von Gang zu Gang wählen kann. Am Abend hilft auch die Hoteliersfamilie Nischler im Service mit aus. Sogar der Chef Joachim Nischler trägt die schmutzigen Teller in den Spülraum.

Ausbildung zur Servicefachkraft

In Meran gibt es die Landesberufsschule für das Gastgewerbe. Das „Savoy” bildet in zwei oder drei Jahren zur Servicefachkraft aus, wobei die Auszubildenden fest in einem Hotel angestellt sind und nur zu bestimmten Zeiten die Schule besuchen. In der Landeshotelfachschule „Kaiserhof” in Meran werden grundsätzliche Hotelkenntnisse vermittelt. Die Schülerinnen und Schüler absolvieren in den drei Jahren Praktika in allen Bereichen – an der Rezeption, in der Küche, im Restaurant- und im Etagenservice. Im Lindenhof zum Beispiel haben schon einige „Juniorchefs” von anderen Sternehotels ihr Praktika absolviert – zuletzt Julian Pirhofer, der Sohn der Hoteliersfamilie vom Dolce Vita-Hotel Jagdhof in Latsch, und jetzt im August Lukas Dorfer, Sohn der Hoteliersfamilie vom Quellenhof-Resort im Passeiertal. Julian lernte im Restaurant-Service, Lukas an der Rezeption.

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