Lifestyle
08. Mai 2018

Hoch, höher, am höchsten!

Für Rudi Alber sind die Wanderungen mit Lindenhof-Gästen ein Spaziergang. Der 54-Jährige hat schon die höchsten Berge dieser Welt bestiegen – und sagt trotzdem: „Am schönsten ist es in Südtirol.“

Es hat ein bisschen länger gedauert. Einem jungen Mädchen aus der Gruppe fiel der Abstieg vom Tscharser Wetterkreuz ziemlich schwer – und auch die anderen Gäste aus dem Dolce Vita-Resort Lindenhof sind gezeichnet. Nur Rudi Alber, der Wanderführer, lacht fröhlich in die Runde, ist trotz fünf Stunden anstrengender Wanderung topfit, bestellt ein Weizen und entschuldigt sich für die Verspätung. „Jetzt kann’s losgehen“, sagt er.

Rudi und der Mont Blanc. Mit 26 hat man noch Träume – und so will auch der junge Mann aus Tschars hoch hinaus. Höher als er es in Südtirol kann. Zusammen mit Bruder und Freunden schafft er im ersten Anlauf den höchsten Berg zwischen Frankreich und Italien mit 4.800 Metern. „Ich wusste, jetzt brauche ich was Höheres.“ Wir sitzen auf der Terrasse im Lindenhof. Ob er jeden Berg kenne, den wir von hier aus sehen können, frage ich den geprüften Südtiroler Wanderführer – und er schaut mich fassungslos an. Was für eine blöde Frage! Und zählt jeden auf. Von der Hochwart bis zur Laaser Spitze – über jeden Gipfel kennt er Anekdoten, und selbstverständlich kennt er die exakten Höhenmeter.

Rudi und der Aconcagua. Kurz vor dem 7.000er- Gipfel setzt 1991 der Schneesturm ein. Alber und seine Expedition haben keine Chance. Sie können nicht kochen, die Flammen gehen ständig aus. Sie müssen zurück auf 5.600 Meter zum Hochlager. Das kostet zwei Tage. Später schaffen sie es in den argentinischen Anden an der chilenischen Grenze doch noch bis nach oben. „Man ist ja darauf fixiert, das Ziel zu erreichen“, sagt Rudi Alber. Die Sonne strahlt inzwischen den Gipfel der Hochwart an. Mit 17,18, erzählt der heute 54-Jährige, sei er jedes Wochenende oben gewesen. „Das ist ein einfacher Gipfel.“ Der Hochwart ist 2.608 Meter hoch… Seine Trainingstour sei eher die Laaser Spitze. Aber so viel wie früher steigt er nicht mehr hoch – zusammen mit seiner Frau führt er das Tscharser Dorfcafe in der Hauptstraße. Drei Mal in der Woche ist Rudi Alber noch als Wanderführer unterwegs. Die glücklichen Gesichter der Touristen, das mache ihm einfach Spaß, sagt er.

DSC_1088Rudi und die Pik Aktau-Spitze. Die Sucht wird immer größer – und so lässt sich Rudi Alber gerne von einem russischen Bergführer zu einer Erstbesteigung an der Grenze zwischen China und Kirgistan überreden. Allein die richtige Stelle zum Aufstieg auf die 7.430 Meter zu finden, dauert. Sie haben Proviant für eine Woche dabei, der Druck ist groß. Am 12. Juli 1992 machen sie Bilder am Gipfel und hinterlassen eine Flasche mit einem Zettel. Darauf steht das Datum und die Namen der Erstbesteiger. Ein Name: Rudi Alber. Das Weizen steht unbeachtet auf dem Tisch. Der Südtiroler redet gerne übers Wandern, über Expeditionen, über Abenteuer. Und doch wird er es nie vergessen, wie er als Achtjähriger zum ersten Mal oben am Tscharser Wetterkreuz stand und runter auf seine Heimat schaute. „Mei, isch des schian“, hat er gesagt. Daran erinnert er sich noch genau.

Rudi war auf dem Kilimandscharo. 2003 grüßt er von 5.895 Metern Höhe vom höchsten Bergmassiv Afrikas. Rudi war auf der Elbrus. Der höchste Berg im Kaukasus wird schon 1990 mit 5.642 Metern gemessen. Rudi war auf dem Chimbarazo. 2005 besteigt er den höchsten Berg Ecuardors (6.310).

Das junge Mädchen, dem der Abstieg bei der Wanderung so schwer gefallen ist, kommt mit einem Eisbeutel in der Hand aus dem Speisesaal. „Geht’s wieder?“, ruft Alber ihr zu. Wenn er allein unterwegs ist, versucht er den Abstieg aus den Südtiroler Bergen zu vermeiden. „Runter wandern macht keine großen Spaß“, sagt er und erzählt vom Gleitschirm, mit dem er gerne ins Tal schwebt. Ein bisschen Adrenalin müsse sein.

Rudi und der Cho Oyu. Alber ist 43. Er will an die Grenze gehen. Wie weit kann ich ohne künstlichen Sauerstoff kommen? Das Experiment scheitert am Achttausender im Himalaya – aus anderen Gründen. Bei minus 25 Grad muss er nach dem dritten Hochlager auf 7.500 Metern passen. Mit den dicken Handschuhen kann er die Steigbügel nicht ausziehen, ohne Handschuhe spürt er die Finger nicht mehr, bei der Kälte versagt die Blutzirkulation. Irgendwann gibt er auf. Die anderen steigen auf 8.206 Metern. Er nicht. „Ich habe an meine Familie gedacht. Das Risiko wäre zu groß gewesen“, sagt er. Aber er sagt auch, heute würde er es fast ein bisschen bereuen. Das Weizenglas ist leer. Rudis Expeditionen sind zu Ende. Das hat er damals seiner Frau versprochen, erzählt er – und als ich den Block zur Seite legen will, sagt er: An seinem 50. Geburtstag hat er in einer Pizzeria über seinen großen Traum geredet. Den Mount McKinley in Alaska. Und ein Freund hat ihm angeboten: er begleite ihn dahin. Als Geburtstagsgeschenk. Nur: wie soll es der Wanderführer Alber seiner Frau beibringen?

Rudi und der Mount McKinley, der heute Denali heißt. Fünf Tage warten sie im April 2013 im Sturm bei minus 60 Grad. Dann erwischen sie ein Zeitfenster von zwei Tagen, an dem es auf dem kältesten Berg der Welt (6.190 Meter) nur minus 25 Grad hat – und sie wagen es. Seine Augen leuchten, er erzählt von dem kleinen Zelt, in dem sie zu dritt ganz eng nebeneinander lagen und dass sie nur abwechselnd aufstehen und in die Kälte rausgehen konnten. Und dass sie es geschafft haben. Sein letztes großes Abenteuer. Bestimmt. Ob seine Frau weiß, dass er am 18. August 2023 sechzig wird? Er lacht, spielt etwas verlegen mit dem leeren Weizenglas und sagt: „Ganz ehrlich, in Südtirol ist es doch am schönsten.“

Rudi Empfehlung: SEENTOUR im Vinschgau

Der Weltenkletterer Rudi Alber empfiehlt Gästen eine Wunderschöne Gebirgs-Seentour im unteren Vinschgau. Start Parkplatz Schartegg (1.977 Meter) bei Kastelbell. Aufstieg über die Tablanderalm zum Plombodensee, weiter zum Zirmtalsee und über die Schweinstallalm zurück zum Ausgangspunkt. Höchster Punkt: 2.584 Meter.  Höhenmeter 1.107. „Die 13 Kilometer schafft man in  sechs Stunden“, sagt Alber.

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