Er sieht die Welt mit anderen Augen und sucht sich seinen Weg mit dem Blindenstock: der 37-jährige Saeid Mojiri. In diesem Herbst hat der Iraner im Lindenhof mit seiner langersehnten Ausbildung zum Vitalmasseur begonnen.
„Am wichtigsten ist es, gut zu fühlen“
Saeid kommt aus dem Iran – und hat eine ganz besondere Lebensgeschichte. Denn Saeid ist der Blinde, der die Welt mit anderen Augen sieht. Das war nicht immer so, als Kind konnte der nunmehr 37-Jährige noch sehen – was für Saeid jedoch kein Grund zum Verzweifeln ist, im Gegenteil: Geht es um seinen großen Lebensplan, sprüht der charmante Iraner vor Begeisterung. „Im Oktober darf ich meine Ausbildung zum Vitalmasseur im Lindenhof beginnen“, erzählt er, „und ich zähle jeden Tag bis dahin.“
Keine Therapie für erbliche Erkrankung
Doch von vorne: Der 37-jährige Saeid ist im Iran aufgewachsen. „Meine Eltern sind Cousins, meine schwindende Sehkraft ist ein genetisches Problem“, erzählt der Iraner. „Es gibt bisher nichts, was mir helfen kann, die Situation zu verbessern oder aufzuhalten.“ In der Schule musste Saeid seine erste Brille tragen, zunächst nur bei den Hausaufgaben und vor dem Fernseher. „Mit 15 oder 16 habe ich sogar versucht, das Autofahren zu erlernen“, schmunzelt Saeid. „Mein Vater hatte ein altes Auto, in einer Straße außerhalb der Stadt hat er mir das Fahren beigebracht.“ Mit 19 Jahren aber verschlechterte sich Saeids Sehkraft zusehends, „ich habe dann entschieden, das Autofahren zu vergessen. Das war sehr gefährlich“, gibt der Iraner zu, „hat mir aber Spaß gemacht.“
Auf der Suche nach einem besseren Leben
„Ich kann heute einen Teil deines Gesichtes sehen, die Farbe deiner Kleidung aber nicht“, versucht Saeid seine verbliebene Sehfähigkeit zu beschreiben. Wie er sich wohl zurechtfindet mit seinem Blindenstock? „Ich benutze den Stock seit sechs Jahren“, lässt Saeid wissen. „In meiner Heimat haben es Menschen mit Behinderung sehr schwer, hier aber ist das ganz anders: Meine Kollegen sind hilfsbereit, ich kann im Hotel essen und die Leute im Dorf passen gut auf mich auf.“ Sich außerhalb von Naturns zu bewegen, ist allerdings nach wie vor eine große Herausforderung und ohne Begleitung nicht möglich, „weshalb wir die Ausbildung bei uns im Haus organisieren“, erklärt HR-Managerin Kathrin Marmsoler. Und man spürt, der Lindenhof steht hinter Saeid, der sich hier „fast wie in einer Familie“ fühlen darf.
Lieblingsanwendung: die Thai-Massage
„Ich war ja schon Masseur im Iran“, berichtet Saeid, „ich habe ungefähr drei Monate in einem kleinen Fitnessstudio gearbeitet, wo ich an einem Privatkurs teilnehmen durfte. Mein Zertifikat wird in Italien aber nicht anerkannt.“ Im Lindenhof übernimmt er aktuell die Saunavorbereitungen und arbeitet im Fitnessstudio. Massieren darf er (noch) nicht. „Ich denke aber, ich habe einen guten Tastsinn“, erzählt Saeid und gibt sich bescheiden. „Es kann sein, dass das ein Vorteil ist.“ Am wichtigsten sei es, gut zu fühlen. Der Iraner ist ehrgeizig, er möchte viele verschiedene Massagearten lernen, „damit ich gut arbeiten kann. Das ist wichtig für mich.“ Auf die Frage nach seiner Lieblingsmassage, hat Saeid eine prompte Antwort parat: „Meine Lieblingsmassage ist die Thai-Massage – zu bekommen und zu geben“, erzählt Saeid. Bleibt zu hoffen, dass der offene und optimistische Iraner sich bald seinen größten Wunsch erfüllen kann.
Saeid
„Am wichtigsten ist es, gut zu fühlen“
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