Family
28. Februar 2018

1:0 für Schweden – Familie Bolmgren

Seit zehn Jahren fahren Thomas, Lena, Annie und Hugo in jedem Sommer 1.600 Kilometer von Gnosjö nach Naturns und 1.600 Kilometer von Naturns nach Gnosjö. „Schon die Fahrt ist für uns Erholung”, sagen sie.

Es sind die Tage, in denen die Fußballwelt auf den Kopf gestellt wird. Hugo Bolmgren, 14, schnappt sich den Ball, geht zum Sportplatz in Naturns und kickt wie alle Jahre um diese Zeit gegen ein paar Jungs aus Südtirol. Das Ergebnis: Schweden schlägt Italien. „Normal”, sagt Hugo, der trotzdem mal für Inter Mailand spielen will.

Vielleicht ist dieses Erfolgserlebnis der Grund, warum der Sohn von Lena Sveningsson und Thomas Bolmgren so gerne Ferien in Südtirol macht. Das ganze Geheimnis des Urlaubsziels dieser schwedischen Familie aus Gnosjö, die Jahr für Jahr 1.600 Kilometer in das DolceVita Resort Lindenhof und 1.600 Kilometer zurück fährt, erklärt es freilich nicht. Zumal der 16-jährigen Tochter Annie, die es lieber mit dem Pferdesport hält, der schwedische Fußballsieg in Naturns ziemlich egal ist. „Wir lieben das Hotel, das freundliche Personal, das Essen. Und hier in Naturns findet jeder von uns irgendwas, was ihm Spaß macht”, sagt Thomas Bolmgren, der perfekt deutsch spricht – und wenn er den Satz richtig ins Schwedische übersetzt hat, kann man glauben, dass es Frau und Kindern genauso geht. Sie nicken. „Wir fühlen uns hier wie zu Hause”, sagt Hugo noch.

Das bedeutet: der Schwede erlebt keinen Kulturschock in Südtirol. Was freilich bei den Bolmgrens auch daran liegen kann, dass sie aus ihrer Heimat Integration mit anderen Menschen gewohnt sind. Gnosjö, eine Stadt mit 5.000 Einwohnern, hat nicht nur für Schweden Modellcharakter. Nirgendwo wird gelungene Integration so gelebt wie hier, wo es viele kleinere Produktionsfirmen gibt, die mit Einwanderern arbeiten – früher aus Vietnam, heute aus Somalia. Der Gnosjö- Spirit wird in vielen Zeitungen auf dieser Welt beschrieben. „Die Firmen haben meistens nicht mehr als 50 Mitarbeiter und sind entstanden, weil es damals sonst in der Gegend wenig Verdienstmöglichkeiten gab”, sagt Thomas Bolmgren, der selbst mit einem Partner ein solches Unternehmen gegründet hat. Ein Zulieferbetrieb – unter anderem für Volvo. Aber auch seine Frau Lena Sveningsson weiß, wie Integration geht. Als Lehrerin unterrichtet sie viele Flüchtlingskinder. „50 Prozent Schweden, 50 Prozent Ausländer” sind in ihrer Klasse.

Da kann man sich auch an Südtiroler gewöhnen. „Sie sind uns von der Mentalität näher als die richtigen Italiener oder auch die Deutschen”, sagt Thomas Bolmgren. In Naturns haben sich die vier Schweden mit der Schweizer Familie Rentzmann angefreundet. Und die Freundschaft leidet auch dann nicht, wenn der eigens geschaffene Pokal beim alljährlichen Familienduell im Minigolf von Schweden in die Schweiz wechselt. „Nico Rentzmann ist zehn und hat uns jetzt alle geschlagen”, sagt der 55-jährige Thomas Bolmgren, der mit 14 zum ersten Mal in die Alpen kam. Als Mitglied eines Schulorchesters war er in Österreich und kurz in Südtirol. „Ich habe mich von Anfang an in die Berge verliebt”, sagt der Flachland-Schwede, der zum Ausdauersportler auf Skiern geworden ist. Er läuft die 90 Kilometer beim Wasa-Lauf, die 70 Kilometer beim Marcialonga im Fassatal und startet auch beim größten deutschen Volksskilanglauf, dem König-Ludwig- Rennen bei Garmisch.

Auch in Naturns hat Thomas Bolmgren die Rollenski dabei – so wie Hugo den Fußball und einen Trainingsplan von seinem Coach. Nur das Pferd von Annie hat es nicht mehr in den Volvo geschafft. So läuft sie denn schon mal spaßeshalber zu Fuß vom Lindenhof hoch nach Unterstell – zur Überraschung der eigenen Eltern. „Das zeigt doch auch: unsere Kinder können sich hier bestens beschäftigen”, sagt Lena Sveningsson. Selbst die lange Autofahrt kann die schwedische Familie nicht schrecken. „Wir machen das stressfrei – die Fahrt gehört für uns schon zur Erholung” ist die Devise des Familienoberhaupts. In Dänemark wird das erste Mal übernachtet, in der Nähe von Kassel ist die zweite Station. Trotzdem: „16 Stunden reine Fahrtzeit sind es mindestens”, sagt Hugo.

Wenn er für Inter Mailand spielt, darf er zu seinen Fußballspielen fliegen.

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