Lifestyle
30. Mai 2017

Ein Schalke-Fan macht auf Kultur…

Der Kreuzwirt-Chef Hannes Christanell liebt Kunst und lädt jedes Jahr zu einem Festival an die Freilichtbühne

Die schlechte Nachricht: Restaurant und Hotel Kreuzwirt wird es nicht mehr lange geben. Die gute Nachricht: “Naturns lacht” wird zumindest noch eine Generation überstehen. Dafür sieht Hannes Christanell, Wirt und Veranstalter, eindeutige Belege.

Beweis 1: Sohn Xaver ist vier, als er beim Spaziergang auf der Bahnhofstraße unvermittelt an einem Auto stehen bleibt und seinem Vater erklärt, dass das gar nicht geht: “Ein Audi – mit Felgen von VW. Unmöglich”, sagt er. Und Hannes Christanell erkennt: “Ich habe einen gescheiten Sohn. Und wer gescheit ist, wird nicht Wirt – und zwölf bis 14 Stunden freiwillig arbeiten.”

Beweis 2: Sohn Xaver ist fünf, als er mit Kathrin Hirber in Lana bei der Probe von “Rapunzel” dabei ist – und seine Mutter, die Regie führt, belehrt: “Das geht gar nicht. Der Mann ist vorher rechts raus gegangen, wie kann er jetzt links wieder reinkommen?” Der Vater jedenfalls folgert: “Er erkennt bei kulturellen Aufführungen, was gut und was schlecht ist.”

Naturns lacht.

Und das ist gut. Xaver sitzt jedes Jahr bei der Woche der Kleinkünstler in der ersten Reihe, und was er sieht, gefällt ihm. Dabei wäre seinem Vater, der seit 18 Jahren das Event “Naturns lacht” auf der Freilichtbühne hinter dem Dorfplatz veranstaltet, das Lachen einst fast vergangen. “Als ich vor 20 Jahren mal so Abende bei mir unten im Saal eingeführt habe, waren die Künstler praktisch unter sich. Ich hab nur Miese gemacht”, sagt der Kreuzwirt. Er hat trotzdem nicht aufgegeben, den Verein Carisma gegründet und als Verein Unterstützung bekommen. Zum Beispiel von der Gemeinde und dem Tourismusverein Naturns. In diesem Jahr veranstaltet Hannes Christanell “Naturns lacht” zum 18. Mal – vom 1. bis 18. August. “Inzwischen muss ich nicht mehr alles alleine machen, wenigstens während der Woche habe ich ein Organisationsteam.” Auch die Kasse stimmt, der Alleinveranstalter zahlt nicht mehr drauf.

Hannes Christanell, der als Hotelier und Gastronom den “Kreuzwirt” an der Hauptstraße in Naturns betreibt, hat Kunst und Künstler in seiner Heimatgemeinde salonfähig gemacht. Mit viel Engagement, Zeit und Geld. Er hat oft mit den Bozenern geredet, die damals gerade ihre Kabarettreihe aufgegeben haben. Er hat mit Agenten und Agentinnen telefoniert, er hat Videos von Künstlern begutachtet, er hat Verträge ausgehandelt, Programme zusammengestellt, Sponsoren gesucht. Nicht immer lief alles ohne Probleme. “Man hat mir mal Michael Mittermeier für 1.600 D-Mark angeboten. Ich habe mich dann für einen anderen entschieden, der nur 1.400 gekostet hat”, sagt Christanell und lacht darüber. Heute. Damals ist kurz danach aus dem kleinen Michael der große Fernsehstar geworden. In Naturns war er leider nie – wegen 200 D-Mark.

Der Kreuzwirt hat das alles nebenher gemacht. Neben zwölf bis 14 Stunden Arbeit im Hotel. Und noch mehr, als er sein Haus umgebaut hat. Modernere Zimmer, mehr Betten. Ein Stress und schlaflose Nächte – auch wegen des Invests. “Die Kunst ist ein Ausgleich für mich, ich brauch das, um abschalten zu können”, sagt Hannes, der mit seinen Veranstaltungen und den Bildern im Haus sein Hotel jetzt das erste Kleinkunsthotel Südtirols nennt. Wenn er mal mit seiner Frau eine Woche Urlaub macht, fährt er nach Freiburg zur Kulturbörse. Um sich Künstler anzuschauen, Kontakte zu pflegen. Warum tut man sich das an? “Ich kann im Sommer nicht weg und zu irgendwelchen Veranstaltungen gehen. Also habe ich mir gedacht: dann hole ich die Künstler doch zu mir.”

Heute ist der zweifache Familienvater, der wenigstens noch auf seine dreijährige Tochter Fanny als Nachfolgerin im Kreuzwirt setzen kann, mit vielen auf du und du. Es sind Freundschaften entstanden, erzählt er – und manche würden kommen und nicht die Gagen verlangen, die sie anderswo erhalten. “Sie wohnen hier, sie essen hier, sie fühlen sich hier daheim”, sagt Hannes Christanell und zählt die Namen auf: Martin Schneider, Dieter Nuhr, Rolf Miller, Alfons. “Das taugt denen” – wie es der Südtiroler sagt.

Am 1. August wird der Kunst-Kreuzwirt fünfzig. An diesem Abend tritt Adi Hirschal mit dem Stück “Caveman” auf der Freilichtbühne in Naturns auf. “Ich werde dann wie immer fünf Minuten vor neun das letzte Bier abkassieren und rüber hetzen zur Bühne, um die Ansage zu machen.” Die Sponsoren muss er nennen, dass man das Handy ausmachen soll, wird er sagen – und manchmal ist er in diesem Moment noch so in der Hektik, dass er den Namen des Künstlers vergisst, “obwohl ich wirklich nicht viel zu sagen habe”. Aber er hat ja Xaver in der ersten Reihe sitzen – als Souffleur. Der Sechsjährige wird ihm helfen – er hat den gleichen Humor wie sein Vater. Das merkt man schon daran, dass er auch Fan von Schalke 04 und dem FC Südtirol ist…   

2 Kommentare

  1. Avatar Tanja Kaulfuß sagt:

    Was heißt “ Es wird das Hotel und das Restaurant nicht mehr lange geben?

    • Katharina Rezeption Katharina Rezeption sagt:

      Weil sich herausgestellt hat, dass der Sohn vom Wirt Hannes sehr schlau ist, und schlaue Leute werden nicht Wirt. Also wird der Kreuzwirt in der nächsten Generation schließen müssen. 🙂

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